Darf die Religionszugehörigkeit das ausschlaggebende Kriterium sein, welches darüber entscheidet, ob ein*e Erzieher*in trotz fachlicher und persönlicher Eignung, einen Arbeitsvertrag in einer evangelischen Kindertageseinrichtung unterzeichnet? Im Hinblick auf den aktuellen Fachkräftemangel, scheint die Voraussetzung einer Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche (ACK-Klausel) längst überholt.

ACK-Klausel - Was hat es damit auf sich?

Die Einstellungsvoraussetzung ist grundsätzlich eine Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche oder der Kirchengemeinschaft verbundener Kirchen, die sogenannte "Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen", kurz: ACK. Die ACK zählt 17 Mitglieder u.a. Katholiken, Methodisten, Griechisch-Orthodoxe und Russisch-Orthodoxe. Personen, die diese Bedingung nicht erfüllen, werden durch die Arbeitsrechtliche Kommission einer individuellen Einzelfallprüfung unterzogen. In der Praxis findet die individuelle Einzelfallprüfung aber kaum statt, da es auch keinen klaren Prüfungskatalog hierzu gibt. Menschen, die nicht einer Mitgliedskirche der ACK angehören, können durch den evangelischen Träger ausgebildet werden, sie belegen auch ein Pflichtfach zur evangelischen Religionspädagogik. Nach Abschluss der Ausbildung werden diese Personen jedoch nicht übernommen.

Wenn „evangelisch“ drauf steht, muss „evangelisch“ auch drin sein?

Ja! Dennoch ist die Realität eine andere. Gute Erzieher*innen macht nicht die Religionszugehörigkeit aus. Eltern bekommen im Kita-Alltag tatsächlich auch nicht mit, ob ein*e neue*r Erzieher*in Mitglied einer bestimmten Kirche ist oder nicht. Eltern sind einfach nur froh über gute, kompetente Erzieher*innen, die einen tollen Job machen. Wenn „evangelisch“ drauf steht, so muss auch ein bisschen „evangelisch“ drin sein. Was genau bedeutet das denn? Was ist denn drin, wenn „evangelisch“ drin sein soll? Warum sollte eine muslimische Erzieherin, die in einem evangelischen Kindergarten ausgebildet wurde, nicht in der Lage sein die evangelischen Bräuche zu vermitteln? Wenn evangelische Kita-Gruppen geschlossen werden, weil Erzieher*innen fehlen, weil sie z.B. nicht eingestellt werden konnten/durften, dann sinkt die vermittelte evangelische Bildung mehr, als wenn ein Teil der Erzieher nicht ACK-Mitglieder sind.

Die christlichen Feste sind alleine schon durch die konzeptionelle Ausrichtung gegeben. Christliche Werte sollen in einer evangelischen Kita gelebt und authentisch umgesetzt werden. Ob man dazu die Taufe braucht, ist zu diskutieren. Eine Taufe in der Kindheit heißt ja nicht, dass der Lebenswandel christlich ist. Genauso wenig wie es heißt, wenn jemand nicht getauft ist, dass er sich nicht christlich verhalten kann. Die Evangelische Kirche zeichnet sich durch so viel Engagement in Fürsorge-, Pflege-, Heil-, Erziehungseinrichtungen usw. aus, die alle von massivem Fachkräftemangel betroffen sind. Werte, die den evangelisch christlichen Werten entsprechen sind nicht nur innerhalb der ACK zu finden. Dieses zu sehen und zuzulassen wäre wiederum sehr christlich.

Möglicher Ausweg – Bekenntnis zur Loyalitätsrichtlinie

Werden Menschen, die nicht der ACK angehören, für den Dienst in einer evangelischen Einrichtung eingestellt, sind einige Punkte besonders wichtig. Ein deutliches Profil bzw. eine klare Ausrichtung der Einrichtung muss gegeben sein. Genaue Anforderungen an die Stelle und die damit verbundenen Aufgaben müssen klar beschrieben sein, so dass die evangelische bzw. christliche Prägung der Einrichtung gewährleistet ist. Wenn überwiegend Christen in der Einrichtung angestellt sind, die die Werte vermitteln und auch leben, so wäre die Prägung erfüllt. Mit diesen Voraussetzungen könnte auch mit mehrheitlich nicht-ACK-Mitarbeitenden eine evangelische Kita in diesem Sinne funktionieren, wenn Nächstenliebe und positives Engagement sowie das klare Bekenntnis zur Einhaltung der Loyalitätsrichtline im Vordergrund stehen. Die Kinder können in einem solchen Kita-Umfeld positive Erfahrungen mit religiösen Festen und Feiertagen im Kontext der Bibel machen.

Wie sieht das Ganze im juristischen Kontext aus?

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) und das Bundesarbeitsgericht (BAG) haben die Religionszugehörigkeit als Faktor für eine Einstellung für unzulässig erklärt, da dies einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellt. Es ist nur zulässig, die Einstellung einer Person von deren Religionszugehörigkeit abhängig zu machen, wenn wahrscheinliche und/oder erhebliche Gefahr besteht, dass das Ethos des Werks beeinträchtigt wird. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn Mitarbeiter*innen in einer Hierarchie eingebunden sind und Weisungen unterliegen. Dies wäre durch die Loyalitätsrichtline gewährleistet. Noch sehen die Gerichte keine „Dringlichkeit“. Daher wird für Württemberg einerseits die Aufhebung der ACK-Formel gefordert, oder dass die Loyalitätsrichtlinie, die durch die EKD im größten Teil Deutschlands Anwendung findet, auch in Württemberg übernommen wird.

Was können wir tun?

Informieren und über das Thema sprechen. Wie vielen Eltern ist dieses Thema (ACK-Klausel) und die damit verbundenen Hürden überhaupt bekannt? Im Hinblick auf den aktuellen Stand, sinkt mit dem Thema Personalmangel oder Notbetreuung auch bei der Elternschaft das Verständnis einer Kirche gegenüber, die sich nicht öffnet. Letzteres kann doch nicht Ziel der evangelischen Kirche sein?
Des Weiteren wird der GEB Kontakt zu anderen württembergischen evangelischen Gesamtelternbeiräten (sofern vorhanden) suchen.
Auch soll um ein Gespräch mit der Vorsitzenden der Landessynode und dem Landesbischof gebeten werden, um die Dringlichkeit der Öffnung der ACK-Regelung nochmals zu betonen. Es gilt aber auch mit den Befürwortern der ACK-Klausel ins Gespräch zu gehen.
Ein Schreiben an die Mitglieder des E1-Ausschusses und die Landeskirchliche Mitarbeitervertretung wird als sinnvoll erachtet, um auch hier auf das drängende Thema aufmerksam zu machen.
Des Weiteren könnten Eltern an den Oberkirchenrat schreiben und ihre Lage schildern, wie sie z.B. durch den Personalmangel in den Kitas beeinträchtigt sind.

Was uns bewegt

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